Michael Augello: Fehler als Schlüssel zum Erfolg
Michael Augello, CEO von Airbus UpNext, begeisterte die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe der DST und IST mit einer inspirierenden Präsentation über den Mut zu wagen, und Rückschläge als Lernerfahrung zu sehen.
Im anschließenden Interview teilt er seine persönlichen Erfahrungen und gibt praktische Tipps, wie man Rückschläge in wertvolle Erkenntnisse umwandelt und als Antrieb für Innovation nutzt.
Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass junge Leute lernen, dass Scheitern dazugehört?
Scheitern hat einen negativen Ruf, da es ja suggeriert, dass hier etwas gewaltig schief gelaufen ist. Der Vortrag begann ja mit der Frage “Was für ein Gefühl steigt in Euch auf, wenn Ihr das Wort “Failure” hört? Interessanterweise kamen hier nicht nur “Angst”, “Frustration” und “Scham” als Wortmeldung, sondern auch “Ansporn/ Motivation” aus dem Publikum.
Zunächst sollten wir zwischen Scheitern im Sinne eines “Unfalls” und Scheitern im Sinne eines “Experiments” unterscheiden. Ersteres gilt es immer zu vermeiden, und gerade in der Luftfahrtbranche legen wir großen Wert auf Sicherheitskultur, Protokolle und Training, um hier entgegenzuwirken.
Scheitern beim Experimentieren hingegen bedeutet, dass ein nicht erwartetes Ergebnis produziert wurde. Und gerade wenn man etwas Neues wagt, gehört das dazu. Dieses „andere Ergebnis“ bringt aber wichtige Erkenntnisse mit sich! Was ist genau passiert? Was würden wir beim nächsten Mal anders machen? Und welche Erfahrungen können wir mit anderen teilen?
Bei Airbus UpNext haben wir extrem sportliche Zeitpläne und gehen eigentlich davon aus, dass nicht alles nach Plan läuft. Wir könnten gar nicht alle Eventualitäten planen, da wir ja schließlich Neuland erforschen. Das heißt, wir müssen uns mit Misserfolgen anfreunden und den Nutzen daraus ziehen. Und jeder schnelle Rückschlag liefert uns extrem wertvolle Einsichten, welche in die nächste Iteration des Versuchs eingehen.
Wie können Schülerinnen und Schüler Ihrer Meinung nach lernen, aus Rückschlägen Kraft zu schöpfen?
Das ist einfacher gesagt als getan – aber fundamental wichtig. Eins aber vorweg: Es ist völlig in Ordnung, sich direkt nach einem Rückschlag erstmal zu ärgern oder frustriert zu sein. Danach sollte sich Neugierde einstellen: „Was kann ich daraus lernen?“ Wenn Scheitern als eine Art „Haltestelle“ auf dem Weg zu neuen Erkenntnissen gesehen wird, kann man daraus viel Kraft schöpfen.
Jeder Mensch hat eine andere Art, wie so ein Erlebnis verarbeitet und “abhakt” werden kann, bevor eine Erkenntnis daraus gezogen wird. Mein persönliches Rezept ist, zuerst mal das Ereignis in den globalen Kontext zu setzen, mich mit meinem engen Umfeld auszutauschen und dann auch mal über mich selbst zu lachen. Wenn das getan ist, suche ich automatisch schon danach, was ich denn als positives Fazit ziehen kann.
Das bedeutet, es lohnt sich, etwas Zeit nach einem Rückschlag zu investieren, um sich besser kennenzulernen. Das geht durch Reflektion aber auch im Gespräch mit Menschen um einen herum.
Haben Sie Tipps, wie man Misserfolge als wertvolle Erfahrungen sehen kann?
Wie oben erwähnt, das kommt mit der Übung! Wer schon einige Rückschläge erfolgreich verarbeitet hat, kennt sich selbst besser und weiß, wie man damit umgehen kann. Irgendwann kommt fast schon die Vorfreude, Erkenntnisse aus einem Misserfolg zu sammeln und für Fortschritt zu nutzen.
Bei Airbus UpNext gilt “Failure is an option”, da wir dadurch schnell lernen. Dazu gehört aber auch, dass man richtig reagiert, wenn ein Misserfolg eintritt. Fragen wie “Wie konnte das passieren?” oder “Wer hat das denn verzapft?” helfen nicht. Hilfreiche Fragen sind “Was hat zu diesem Ergebnis geführt und was haben wir hier gelernt?” oder “Was werden wir im nächsten Anlauf besser machen?”. Wenn man dies konsequent umsetzt, hat man bald eine Umgebung, in der angstfrei experimentiert und Fortschritt erzeugt werden kann.
Das ist dann auch eng gekoppelt mit Team-Work. Wenn ein Rückschlag offen geteilt wird, andere Kollegen mit ins Boot geholt werden und dann verschiedene Gedankengänge einbezogen werden, steht der Lösung eigentlich nichts mehr im Weg!
Welchen Rat würden Sie Schülerinnen und Schülern geben, die aufgrund akademischer Misserfolge unter Leistungsdruck stehen?
Eine schlechte Note oder ein Misserfolg können uns helfen, es beim nächsten Mal besser zu machen. Wichtige Fragen: Was sollte ich anders machen? War ich vielleicht nicht motiviert? Habe ich die Aufgabe oder das Thema falsch verstanden? Gibt es andere Gründe, dass der Stoff einfach nicht in den Kopf will? Wer könnte mir helfen, mit wem könnte ich zusammenarbeiten? Wenn man dies verstanden hat, kann man den nächsten Anlauf besser angehen.
Beim Thema Leistungsdruck ist es wichtig, dass das Umfeld – Lehrer, Freunde, Eltern – eine Umgebung schafft, in der Fehler willkommen sind und als „Helfer“ betrachtet werden. Es geht darum, mit Neugier auf Herausforderungen zu blicken und die richtigen Fragen zu stellen, gleichzeitig unterstützend auch aufzufangen, da ein Misserfolg auch Angst, Stress, Frustration und andere Gefühle hervorbringt. Zusammenarbeit ist also auch hier extrem wichtig, um den nächsten Anlauf zu nehmen.
Was war die wichtigste Lektion, die Sie aus einem Misserfolg gelernt haben?
Eine der wichtigsten Lektionen für mich war, dass der Tag aus einem guten Grund nur 24 Stunden hat und es wichtig ist, realistisch mit meiner Arbeitslast umzugehen.
Diese Erkenntnis hatte ich am Anfang meiner Berufskarriere nicht, und beschloss, in jugendlichem Leichtsinn neben meines Berufs noch zu promovieren. Das ging auch die ersten zwei Jahre einigermaßen gut, aber da ich mehr und mehr Verantwortung im Beruf bekam, wurde dieses Jonglieren immer schwieriger.
Zunächst legte ich die Doktorarbeit vorerst auf Eis, fasste dann aber ein Jahr später den Entschluss, diese offiziell einzustellen. Schließlich war klar, dass die 24 Stunden-Regel auch in Zukunft nicht für mich aufgehoben wird! Das war erstmal ein Misserfolg und extrem frustrierend, vor allem nachdem ich zwei Jahre Arbeit reingesteckt hatte. Und ich machte mir auch Sorgen, was alle um mich herum denken, wenn ich einen Rückzieher mache!
Gleichzeitig war das aber auch eine Chance, das Ganze mal mit Neugierde zu betrachten. Sehe ich ein Muster in meinem Verhalten, dass ich mir mehr auflade als ich abarbeiten kann? Wie kann ich den Arbeitsaufwand besser vorab abschätzen? Wie kann ich besser auf meine innere Stimme hören?
Rückwirkend habe ich also eine Menge über mich gelernt und mir neue Strategien zurechtgelegt, um (etwas) realistischer mit meiner Energie umzugehen! Und diese Einsicht hat mir ungemein auf dem weiteren Berufsweg geholfen.
Übrigens, Bonus Einsicht: Mein Umfeld war sehr unterstützend und viel verständnisvoller mit mir als ich selbst!