Zeitzeugin an der DST: Marie Vaislic im Gespräch mit deutschen und französischen Jugendlichen
Erstaunen, Entsetzen und Bewunderung – das sind nur einige der Emotionen, die sich in den Gesichtern der Jugendlichen spiegelten, welche die einzigartige Gelegenheit hatten, an einem Zeitzeugengespräch mit Marie Vaislic teilzunehmen, Opfer der Nationalsozialisten und Überlebende der Shoah.
Fast zwei Stunden lang konnten Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sowohl der Deutschen Schule Toulouse als auch des Lycée Victor Hugo Fragen stellen vor dem Hintergrund eines Sachverhalts, den Marie Vaislic zuvor anschaulich und einfühlsam geschildert hatte: ihre eigene Verfolgung, ihre Deportation aus Toulouse, ihre Inhaftierung in verschiedenen deutschen Konzentrationslagern sowie – schlussendlich – ihre Befreiung aus der unmenschlichen Barbarei.
Mit am auffälligsten war vor allem, wie gebannt die Jugendlichen ihrem Vortrag folgten und im Anschluss interessiert ihre Fragen stellten; man hätte eine Nadel fallen hören, so still war es im Auditorium auf dem Eurocampus. Dies lag auch daran, dass die Zeitzeugin trotz ihrer 92 Jahre so anschaulich und prägnant erzählte, dass die Schülerinnen und Schüler ihre unglaubliche Energie und ihr famoses Gedächtnis nur bewundern konnten.
So waren auch die Rückmeldungen nach der Veranstaltung ausschließlich positiv. Während einige betonten, sie bewunderten Mme Vaislics Vermögen, sich mitteilen zu wollen und zu können, imponierte anderen ihre Offenheit, auf alle Fragen einzugehen und sich überhaupt einer Situation zu stellen, die für sie im Vorfeld schwer einzuschätzen war – immerhin an einer deutschen Schule, immerhin teilweise auf Deutsch. Dahingehend befragt, meinte sie aber, sie habe keine Ressentiments gegen die Deutschen, ja nicht einmal gegen die Person, die sie damals verraten habe. Ihr gehe es um Aufklärung, um Erinnerung für die Zukunft, nicht um Schuldzuweisungen.
Besonders gerührt zeigte sich Marie Vaislic am Ende der Veranstaltung, als sich die Schülervertreterinnen der beiden Schulen bei ihr bedankten. Der Text der langen Dankeskarte, die ihr von deutscher Seite überreicht wurde und ihr unglaubliches Engagement würdigt, rührte sie beinahe zu Tränen – die Tränen, die man ihr auch während der gesamten Veranstaltung immer wieder zugestanden hätte.
Wir bedanken uns bei Mme Vaislic für diese Stunden in unserer Mitte: Für Schülerinnen und Schüler wie für die Lehrkräfte waren sie ein eindrucksvoller Beleg für Völkerversöhnung und Verständigung über Sprach- und Landesgrenzen hinweg.
Ein Artikel der Dépêche du Midi über die Veranstaltung an der DST: